Das Grundrecht auf Freizügigkeit gilt seit 1968 als Grundlage für Arbeitnehmer, Selbstständige oder Studenten für deren Freiheit, „ohne Einschränkungen eine Beschäftigung in einem anderen EU-Mitgliedsstatt aufzunehmen zu können.“ Daran geknüpft ist auch der Rechtsanspruch auf eine Arbeitserlaubnis. Unproblematisch wird die Erteilung dieser Erlaubnis für jene Arbeitswilligen, die bereits einen Arbeitsvertrag, ein regelmäßiges Einkommen und/oder eine Krankenversicherung nachweisen können. Dieses Regelwerk kann durch nationale Bestimmungen ergänzt werden. Der künftigen Karriere im europäischen Ausland steht demnach kaum etwas im Wege. „Gewusst, wie und wo“, lautet also das Credo für alle, die mit dem Gedanken spielen, außerhalb der Bundesrepublik zu arbeiten.
Erweiterungen der EU-Länder
Neben den europäischen Ländern haben sich auch Norwegen, Island und Liechtenstein dem in Europa geltendem Arbeitsrecht unterworfen. Gemeinsam bilden diese Staaten den sogenannten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Arbeitsrechtliche Einschränken gibt es teilweise noch in der Tschechischen Republik, Estland, Lettland, Litauen, Ungarn, Polen, Slowenien und der Slowakischen Republik. Beschränkt ist eine Arbeitsaufnahme noch in Bulgarien und Rumänien, die seit 2007 der EU angehören.
Anerkennung der beruflichen Qualifikation beantragen
Für abgeschlossene Berufsausbildungen oder Diplome gelten innerhalb der EU zwar vereinheitliche Regelwerke. Dem gegenüber stehen allerdings nationale und relevante Unterschiede bei der Anerkennung der Qualifikationen. Während Berufsbilder wie Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker und Architekt keine spezielle Berufsanerkennung benötigen, müssen andere reglementierten Berufe einen gesonderten Antrag auf die Anerkennung der Qualifikation stellen. Mit einer Zu- oder Absage kann dabei innerhalb von rund vier Monaten gerechnet werden. Gegebenenfalls kann der Antragsteller zu einem Eignungstest aufgefordert werden, grundsätzlich vorzulegen wäre allerdings Arbeitsnachweise. Auskünfte hierzu erteilen die entsprechenden Behörden des gewählten Staates.
Fuß fassen auf dem europäischen Arbeitsmarkt
Der europäische Binnenmarkt gilt weltweit nach wie vor als ein Wirtschaftsraum mit großen Potenzialen und bildet das Rückgrat der europäischen Wirtschaft mit einem Volumen von rund 170 Millionen Beschäftigungsverhältnissen. (Quelle: Presse „eurostat“, 2016). Wer sich in diesen Arbeitsmarkt beruflich integrieren möchte, nutzt zumeist mehrere Möglichkeit zur Stellensuche. Dazu zählen Jobbörsen im Internet, überregionale und ausländische Zeitungen oder die Websites internationaler Unternehmen und Konzerne sowie die bundesdeutschen Arbeitsämter. Eine weitere hervorragende Alternative für die Jobsuche ist die von der Europäischen Union verantwortete Plattform „EURES“ (European Employment Service).
Was Bewerbungen oftmals erschwert, sind fehlende oder ungenaue Kenntnisse des Arbeitsmarktes, der vorherrschenden Bewerbungsverfahren sowie Sprachbarrieren. In aller Regel erwarten die künftigen Arbeitgeber eine in der jeweiligen Landessprache abgefasste Bewerbung, sofern in einer Stellenanzeige nichts anderes gefordert wird. Von Vorteil ist die Erklärung, wo die Sprache erlernt wurde und auf welchem Niveau die Landessprache beherrscht wird. Ansonsten gelten ähnliche Voraussetzungen wie in Deutschland.
Zum Mindestumfang zählen somit das Anschreiben, ein Lebenslauf und die entsprechenden Zeugnisse. Unterschiedlich fallen in verschiedenen EU-Ländern allerdings die Umfänge in Form und Länge der Bewerbung aus. Stattdessen gefordert sind mehrheitlich Referenzen, bekannt als „Letter of Recommendation“, oder die Benennung von Personen, die erwünschte Referenzen im Sinne des Aspiranten bestätigen.
Auch die Verhandlungen über die Arbeitskonditionen folgt stets wechselnden Regeln, über die man sich bereits vorab genau informieren sollte. Bei der Besetzung eines vakanten Arbeitsplatzes im europäischen Ausland gelten zudem die EU-Richtlinien, die im „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)“ bindend verankert sind. Danach dürfen beispielsweise Inländer einem anderen EU-Bürger bei der Auswahl nicht vorgezogen werden. Einschränkungen erfahren diese Richtlinien lediglich in Bezug auf Stellen in hoheitlichen Bereichen des Bewerberlandes. Auf dem Karriereprobeller wurde zum Beispiel der Einstieg in die Arbeitswelt von Frankreich erklärt.
Steuerliche Grundsätze beachten
Für beschäftigte Arbeitnehmer im europäischen Ausland gilt das sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen, das immer nur zwischen zwei Staaten abgeschlossen wird. Danach muss das im Ausland erzielte Einkommen dem Grunde nach im Beschäftigungsland versteuert werden, sofern der berufliche Aufenthalt am gewählten Lebensmittelpunkt die Zeitspanne von 183 Tagen jährlich übersteigt. Die Finanzbehörden erteilen zu den Richtlinien entsprechende Auskünfte.
Territorialprinzip innerhalb der Sozialsysteme
Lediglich Beschäftigte, die sich aufgrund einer Entsendung ihres aktuellen Arbeitgebers im Ausland aufhalten, bleiben innerhalb der deutschen Sozialgesetzgebung versichert. Eine andauernde Beschäftigung führt hingegen in aller Regel zu Abgaben zur Renten-, Arbeitslosen- oder Krankenkasse im Beschäftigungsland. Ausnahmen bilden lediglich Länder wie beispielsweise England, in denen die genannten Kosten von den Staaten übernommen werden. Grundsätzlich darf laut EU-Vereinbarungen das Beschäftigungsverhältnis nicht zu doppelten Abgaben führen. In dieser Tatsache liegt das Territorialprinzip begründet, nach dem sich der Beschäftigte den sozialen Sicherungssystemen der EU-Landes unterordnen müsste. Arbeitnehmer, die ein Einkommen unterhalb der Sozialversicherungsgrenze erzielen, z.B. Praktikanten, könnten ihre in Deutschland bestehende Krankenversicherung fortführen. Zu klären wäre der Status der privaten Krankenversicherung, sie sollte europaweit gültig sein.
Im Falle eines Auslandsaufenthaltes sollte bereits in der Vorbereitungsphase auf die innerhalb der EU einheitlich geltenden „E-Formulare“ zurückgegriffen werden. Sie dienen im Beschäftigungsland zur Vorlage bei zuständigen Behörden, namentlich:
- E-100-Formular für Krankenversicherung inklusive erweiterter Leistungen sowie Mutterschutzansprüche
- E-200-Formular für Leistungen der Rentenversicherung
- E-300-Formular für Nachweise zur Arbeitslosenversicherung
- E-400-Formular für Familiennachweise
Nach und nach werden die o.g. E-Formulare gegen sogenannte „mobile Dokumente“ ersetzt. Deren Ausstellung obliegt der Verantwortung der jeweils zuständigen Inlandsträgern und wird nur jeweils für eine Person mit deren persönlichen Daten und weiteren Identifikationsmerkmalen ausgestellt, unterzeichnet und abgestempelt von der entsprechenden Sozialbehörde. Hinweis: Die oft zitierte „Europäische Krankenversicherungskarte“ kann lediglich bei einem vorübergehenden beruflichen Auslandsaufenthalt beantragt werden.
Vor der Beschäftigungsaufnahme bereits an die Rente denken
Die Diskussionen innerhalb der EU zur Vereinheitlichung der Sozialversicherungs- und Rentensysteme sowie zur Förderung der beruflichen Mobilität, dauern aufgrund von derzeitigen Umstrukturierungsmaßnahmen einiger EU-Staaten noch weiter an. Grundsätzlich aber gilt, dass jede berufliche Karriere in einem ausländischen EU-Staat mit der Einzahlung von Beiträgen in die Rentenkasse automatisch zu entsprechenden Rentenansprüchen führen. Die späteren Rentenauszahlungen erfolgen dann aus dem jeweiligen Anspruchsland auf Antragstellung, sofern die Beschäftigungsdauer ein Jahr überstiegen hat.
Rentenansprüche ergeben sich darüber hinaus auch im Laufe von Beschäftigungsverhältnissen in mehreren EU-Ländern. Zahlt ein Arbeitgeber aufgrund niedriger Einkommen keine Rentenbeiträge für den Arbeitnehmer ein, muss davon ausgegangen werden, dass diese Zeiten bei der späteren Rentenberechnung nicht angerechnet werden. Um Nachteile bei den Ansprüchen zu vermeiden, gäbe es die Möglichkeit sogenannter freiwilliger Einzahlungen in die deutsche Rentenkasse, auch um eventuelle Beitragslücken zu schließen.
Gute Karrierechancen für Führungsnachwuchs
Erfahrungen sammeln, fachliches Know-how und soziale Kompetenzen stärken, Toleranz und Fingerspitzengefühl für Herausforderungen entwickeln – die Karrierechancen innerhalb der EU dürften generell gut sein. Zum Karrieresprung verhelfen mittlerweile viele international tätige Unternehmen mit ihren Angeboten an „International Staff Exchange“-Programmen, in die Auslandseinsätze bereits fest implementiert sind. Damit spielen nationale Grenzen für künftige Arbeitnehmer auch innerhalb der EU keine Rolle mehr.