Studierende, Ehemalige und Lehrende verraten, wie es ist, in Lettland zu studieren, wie die Zukunftschancen sind und worauf es bei der Bewerbung um einen der begehrten Studienplätze ankommt.
808 internationale Studierende erhielten im akademischen Jahr 2023/24 einen der begehrten Plätze an der traditionsreichen Rīga Stradiņš Universität in Lettland. Beworben hatten sich mehr als doppelt so viele. Mit über 1.400 Bewerbungen insgesamt verbuchte die Rīga Stradiņš Universität 2023/24 einen historischen Rekord. Fast ein Viertel der künftigen Humanmediziner:innen und Zahnärzt:innen stammt aus Deutschland. Angesichts knapper Studienplätze und entsprechender Zulassungsbeschränkungen lockt das Medizinstudium im Ausland. „Das Auswahlverfahren ist ein wenig komplizierter, aber dadurch auch präziser als beispielsweise über hochschulstart.de“, sagt Lucas Risters. Die RSU schaue nicht nur auf die Abinote, sondern speziell auf die Ergebnisse in studienrelevanten Fächern wie Biologie, Chemie, Physik, Mathematik und Englisch, weil es Studiensprache ist. Empfehlungsschreiben zum Beispiel von Lehrenden, Chefinnen, das Motivationsschreiben und extracurriculare Aktivitäten erhöhten die Chancen. Risters ist Medizinstudent im 5. Jahr. 2023 war er Präsident der International Students Association an der RSU, die Studierende aus 80 Nationen dabei unterstützt, sich in das Studienumfeld zu integrieren und sie bei akademischen Problemen berät. „Das internationale Umfeld bereitet Studierende hervorragend auf eine globale Arbeitsumgebung vor.“ Die weltweite Anerkennung der RSU-Diplome erleichtere die weitere Berufs- und Arbeitsortswahl. Im Vergleich mit Privaten Hochschulen und anderen europäischen Universitäten liegen die Studiengebühren mit 6750 Euro pro Semester Medizin und 7750 Euro für Zahnmedizin im Mittelfeld.
Während ihrer Studienzeit seien bleibende Freundschaften mit Menschen aus aller Welt entstanden und sie habe durch die praxisbezogenheit der Universität schon früh wertvolle Arbeitserfahrungen gesammelt, sagt Zahnmedizinerin und RSU-Alumna Svea-Luise Tollhagen. Das stomatologische Institut der RSU, an dem Studierende während ihrer Ausbildung schon früh mit Patient:innen arbeiten, genieße einen hervorragenden Ruf. Die Warteliste sei lang, auch wenn die Behandlung mehr Zeit koste, da jeder Schritt von Lehrenden überwacht werde. Bereits im 9. Semester praktizierte Tollhagen als Zahnärztin mit Teillizenz in Schweden. „Besonders die Zeit in der Zahnklinik der RSU hat mich gut darauf vorbereitet, da der Fokus dort auf praktischer, eigenständiger Arbeit lag.“
Bárbara Namora e Silva aus Lissabon studiert im 5. Jahr Medizin. Die 24jährige wurde jüngst zur Präsidentin der International Students Association gewählt und ist außerdem Präsidentin der RSU-Portuguese Society. Das Team der Lehrenden bestehe überwiegend aus Ärzt:innen und Forschenden, eine Zusammensetzung, die den Studierenden
zugute komme, da die Lehre hohe wissenschaftliche Kompetenz und Praxiserfahrung verbinde, sagt sie. Der Reiz des Medizinstudiums liegt in der Vielfalt. Zum Einstieg empfiehlt Namora e Silva: „Spezialisiert Euch nicht zu früh. Vorlieben sind natürlich, aber lasst Euch auch von Eurer Neugier leiten. Erkundet Bereiche, die über Vorlieben hinausgehen.“ Medizinstudentin und Mentorin Jacqueline Wisell will nach ihrem Abschluss für humanitäre Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder das Rote Kreuz arbeiten. „Mich beeindruckt, wie gut die Lehrpläne aufeinander abgestimmt sind. Zum Beispiel haben wir uns in einem Semester gleichzeitig in Physiologie, Anatomie und Biochemie mit dem Herzen beschäftigt“, berichtet Wisell, die vor ihrem Medizinstudium bereits verschiedene medizinische Berufe ausgeübt hat. Julius Veser, der Humanmedizin im 10. Semester studiert, hat seine Hochschulzulassung an der Abendschule nachgeholt. Nach dem Abschluss an der RSU strebt der 33-jährige nun den Facharzt in Nephrologie an. Vor dem Studienstart arbeitete er bereits als Operationstechnischer Assistent. In Riga gefalle ihm, dass die Semester in kleine „study groups“ eingeteilt sind. Eine Lehrkraft betreue etwa 11 Studierende. „Man wird als ‚Kollege‘ gesehen, nicht als Student, auf den niemand Lust hat.“ Allerdings benötige man ein gutes naturwissenschaftliches Fundament und müsse sich dies manchmal während des Studiums hart erarbeiten, um die klinischen Fächer zu verstehen. „Wer darauf keine Lust hat, ist in der Medizin falsch.“
Die Zahnmedizin teile die Studierenden in 8er-Gruppen ein, was eine sehr persönliche Unterrichtserfahrung ermögliche, sagt Dr. Karīna Krumiņa. „Internationale Studierende zu unterrichten, ist sehr erfüllend. Es sind besondere Menschen, da sie sich entschieden haben, ihr Land und ihre Heimat zu verlassen, um eine hervorragende Ausbildung zu erhalten und eine andere Kultur kennenzulernen.“ Krumiņa, die aus Caracas stammt und an der Zentraluniversität von Venezuela Zahnmedizin studierte, unterrichtet Kariologie. „Das ist interessant, da die angehenden Zahnärztinnen und Zahnärzte hier beginnen, nicht mehr nur Puppen, sondern echte Patienten zu behandeln.“ Als Mentorin will sie Studierenden an der RSU einen sicheren, unterstützenden Rahmen bieten, damit sie problemlos lernen und Kontakte knüpfen können. Eine ihrer Aufgaben ist der Aufbau von Partnerschaften im Ausland, um Studierenden dort Praktika zu ermöglichen. „Deutlich werden die positiven Ergebnisse unserer Lehre im 9. Semester, wenn die Studierenden ihre Praktika abschließen. Wir erhalten immer wieder begeistertes Feeback zu ihren Leistungen. Tatsächlich werden unseren Absolvent:innen nach ihrem Abschluss oft Stellen bei den Praktikumsgebern angeboten.“ Viele wollen allerdings auch in ihr Heimatland zurück.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Rīga Stradiņš Universität.
Termine: Für den Studienstart im Wintersemester 2024/25 können sich Interessierte bis zum 1. Juli 2024 bewerben. Bewerbungsfristen und weitere Informationen werden regelmäßig online veröffentlicht. Die RSU bietet außerdem Infoveranstaltungen wie Webinare und Tage der offenen Tür in Riga an.