Als angehender Medizinstudent wird man schon vor Beginn des Studiums mit vielen Problemen konfrontiert. Oft kommt dem innigen Wunsch Medizin zu studieren und später einmal als Arzt zu praktizieren, erst einmal die strenge Zulassungsbeschränkung für das Fach Medizin in die Quere. Manche haben im Abitur einen Durchschnitt von 1,7 oder sogar eine bessere Note geschafft und ihnen wird der Zugang zum Studium gewährt.
Aber egal ob man direkt zum Studium zugelassen wurde, oder ob man gerade überlegt, wie man acht Semester Wartezeit sinnvoll überbrücken oder sogar umgehen kann, früher oder später spielt jeder angehende Mediziner einmal mit dem Gedanken, eine wichtige Auslandserfahrung zu sammeln und zumindest einen Teil seines Studiums außerhalb der Grenzen des eigenen Landes zu absolvieren.
Vorteile des Medizinstudiums im Ausland
Die Vorteile und auch die Notwendigkeit eines Auslandsaufenthaltes liegen klar auf der Hand. Eine längere Zeit im Ausland zu verbringen ist in jedem Falle eine persönliche Bereicherung. Man lernt, sich in einer fremden Kultur zurechtzufinden, trifft viele Menschen und kann im Nachhinein mit Stolz auf die Herausforderungen zurückblicken, denen man sich erfolgreich gestellt hat. Für jene, die mit dem Gedanken spielen auszuwandern, oder zumindest für einige Jahre in einem fremden Land als Arzt zu praktizieren, ist ein Auslandsstudium die beste Gelegenheit, um einen gründlichen Einblick in Land und Leute zu bekommen.
Aber auch die medizinische Ausbildung profitiert enorm. Jedes Gesundheitssystem hat länderspezifisch seine Stärken und Schwächen, die man als zukünftiger Arzt geschickt ausnutzen sollte. Sprachkenntnisse und internationales Denken sind für Mediziner eine ebenso wichtige Grundlage wie Kenntnisse über die Anatomie des Menschen. Aber auch persönliche Ziele, wie ein zügiger Studienbeginn trotz mittelmäßiger Ergebnisse im Abitur, lassen sich mit einem Medizinstudium im Ausland durchsetzen und sogar mit einem EU-weit anerkannten Doktor-Titel abschließen.
Auswahlverfahren im Ausland
Eine Sache ist in allen Ländern gleich: Es gibt mehr Bewerber zum Medizinstudium als tatsächlich Plätze vorhanden sind. Unterschiedlich sind von Land zu Land lediglich die Auswahlverfahren, mit denen man versucht, die Studenten zu selektieren. Angefangen von Studiengebühren, über Interviews, Sprachtests (Englisch) und Aufnahmetests, bis hin zu Siebungsklausuren ist die Palette der Verfahren breit gefächert. Tendenziell zeigt sich, dass Universitäten, bei denen der Bewerber realistische Chancen auf einen Studienplatz hat, nur über hohe Studiengebühren zugänglich sind.
Umgehen der Zulassungsbeschränkung
Da Deutschland eines der wenigen Länder ist, in dem die Zulassung zum Medizinstudium ausschließlich über die Abschlussnote geregelt ist, können aber die unterschiedlichen Systeme anderer Länder Möglichkeiten bieten, sein Studium ohne lange Wartezeit aufzunehmen. Der Clou am Studienbeginn im Ausland ist, dass man sich nach einigen Semestern direkt an einer deutschen Uni bewerben kann und sich somit den Umweg über die zentrale Studienplatzvergabe spart. Einzige Bedingung ist laut Landesprüfungsamt, „dass die im Ausland erbrachten Studienleistungen äquivalent zum deutschen Studium sind“.
Aber eines vorweg: Die perfekte Möglichkeit, die Zulassungsbeschränkung oder Wartezeit, durch einen Studienbeginn im Ausland zu umgehen, gibt es nicht. Trotzdem haben schon viele Studenten auf diesem Weg zügig einen Studienplatz gefunden.
Die interessantesten Alternativen
Da jeder deutsche Abiturient der englischen Sprache mächtig ist, kommen englischsprachige Studiengänge für die meisten Interessenten am ehesten in Frage. Die Fachsprache der Mediziner ist sowieso Latein und deshalb in allen Ländern gleich.
Auch in Osteuropa gibt es mehrere Universitäten, die ein Medizinstudium in englischer und auch in deutscher Sprache anbieten. In der Regel verläuft die Ausbildung so, dass der theoretische Unterricht vollständig auf Englisch abgehalten wird. Einheimische Sprachkenntnisse werden ab und an erst im klinischen Teil, ab dem 3. Studienjahr, zur Kommunikation mit Ärzten und Patienten benötigt.
Die englischsprachigen Studiengänge in Osteuropa wurden oft aufgrund finanzieller Engpässe der Universitäten ins Leben gerufen, da von internationalen Studenten höhere Studiengebühren verlangt werden. Das heißt allerdings nicht, dass die Qualität des Studiums die Studiengebühren nicht rechtfertigt, oder dass man sich lediglich für viel Geld einen Studienplatz für ein mittelmäßiges Studium kauft. Die Ausbildung an diesen Universitäten ist, eben aufgrund der Studiengebühren, gerade von den Rahmenbedingungen besser als an den überfüllten Universitäten in Deutschland. Die Studenten werden in kleinen Kursen individuell betreut und haben auch im praktischen Teil der Ausbildung bessere Möglichkeiten sich zu entfalten. Die dort erworbenen Abschlüsse sind nicht weniger anerkannt oder prestigeträchtig als in anderen europäischen Ländern.
Ungarn
Ganz im Osten von Ungarn liegt die Universität von Debrecen, die ein englischsprachiges Studium der Humanmedizin anbietet. Erst im klinischen Teil benötigt man ungarische Sprachkenntnisse zur Kommunikation mit Ärzten und Patienten. Die Chancen in Debrecen einen Studienplatz zu bekommen, sind trotz Aufnahmetest und Interview ausgesprochen hoch. Einziges Manko sind die Studiengebühren von ca. 6.000 € pro Semester.
Ebenfalls in Ungarn, gibt es an der Semmelweiß Universität in Budapest sogar einen deutschsprachigen Studiengang. Die Bewerberzahlen sind allerdings ernüchternd. 1200 Bewerber streiten sich um 150 Studienplätze. Auswahlkriterien sind hier unter Anderem Berufserfahrung im Gesundheitswesen, gute Noten in naturwissenschaftlichen Leistungskursen und ein Abi-Schnitt von mindestens 2,5. Die Studiengebühren betragen ca. 8.000 € pro Semester.
Tschechien
Für Aufsehen sorgt derzeit eine neue Kooperation zwischen dem Klinikum in Chemnitz und der Karluniversität in Prag. Dort versucht man einen Studiengang ins Leben zu rufen, der die theoretischen Einheiten in Prag und die praktischen in Chemnitz abhandelt. Dadurch soll das Studium komplett deutschsprachig sein. Obwohl die erste Garde von deutschen Studenten bereits in Prag studiert, scheint es noch einige Startschwierigkeiten zu geben. Bislang wird der Unterricht zum Beispiel auf Englisch gehalten, da noch keine deutschsprachigen Professoren zur Verfügung stehen.
Es gibt aber in Tschechien noch weitere medizinische Fakultäten, die ein englischsprachiges Studium anbieten. Aufgrund der Studiengebühren von ca. 10.000 $ im Jahr und dem niedrigen Bekanntheitsgrad, sind die Aussichten auf einen Studienplatz sehr gut.
Italien
Wer sich auch in anderen Sprachen zurechtfindet, hat zum Beispiel in Italien gute Chancen, einen Studienplatz zu bekommen. Dort sind sogar die Studiengebühren verhältnismäßig niedrig. Die einzige Hürde ist, neben der Sprache, ein Aufnahmetest samt Interview, bei dem man chancengleich mit den italienischen Bewerbern konkurriert. Wer noch nicht fließend Italienisch spricht, kann sich mit einem speziellen Sprachkurs auf Test und Studium vorbereiten. Ein Wechsel zurück nach Deutschland ist nach dem Physikum problemlos möglich. Ein Vollstudium empfiehlt sich nur bedingt, da das italienische Studium sehr verschult ist und auf praktische Berufserfahrung wenig wert gelegt wird.
Spanien
Ähnlich verhält es sich in Spanien. Jedoch ist die Aufnahmeprüfung, das „Selectividad“, wesentlich schwieriger als in Italien. Ob man für einen Studienplatz zugelassen wird, errechnet sich aus der Abiturnote und den Ergebnissen im Selectividad. Von der Ausbildung her ist das spanische Studium sehr verschult, Famulaturen sind meist freiwillig und binden die Studenten kaum in die ärztlichen Tätigkeiten ein. Auch aufgrund der schwierigen Abschlussprüfung „MIR“, die den gesamten Stoff der sechs Studienjahre beeinhaltet, ist ein Vollstudium in Spanien nicht unbedingt empfehlenswert. Wer aber als Studienbeginner die drei „großen Scheine“ in Biologie, Chemie und Physik absolviert, bekommt diese anerkannt und kann zurück an eine deutsche Uni wechseln.
Frankreich
Frankreich verfügt über eines der besten Systeme zur Ausbildung ihrer Mediziner und das Studium ist nicht zulassungsbeschränkt. So streiten sich im ersten Semester aber auch gerne mal 700 Studenten um 100 Sitzplätze im Hörsaal. Doch nach dem ersten Semester finden bereits Siebungsklausuren statt, die nur die besten Studenten (ca. 15-20%) bestehen. Wer eine ernsthafte Konkurrenz für die französischen Studenten sein möchte, sollte ausgezeichnete Französischkenntnisse mit ins Studium bringen. Fühlt man sich der elitären französischen Ausbildung gewachsen, kann man nach dem ersten Semester eine ausgezeichnete Ausbildung genießen. Im Klinikum wird morgens Theorie und Nachmittags Praxis unterrichtet. Für die Ärzte ist die gründliche praktische Ausbildung der Studenten meist keine Klausel, sondern eine Ideologie.
Österreich und die Schweiz
Länder wie Österreich und die Schweiz bieten leider keine Chancen, ein Studium aufzunehmen. In der Schweiz muss man entweder Staatsbürger sein, oder mindestens fünf Jahre in der Schweiz leben. Österreichische Universitäten nehmen Medizinstudenten nur dann auf, wenn sie in Deutschland bereits einen Studienplatz vorweisen können. Auch in anderen Nachbarländern wie Belgien und den Niederlanden sind die Möglichkeiten begrenzt. Da einheimische Studenten die medizinischen Fakultäten bereits überrennen, gibt man kaum Kontingente für ausländische Studenten frei. Per Losverfahren kann man mit viel Glück einen Studienplatz bekommen.
Fazit zum Medizinstudium im Ausland
Besonders wichtig auf dem Weg ins Ausland ist die persönliche Einstellung, die es ermöglicht, die vielen Hürden zu meistern. Viel Engagement und eine gute Portion Mut sind für jene gefragt, die ihre Sachen packen und sich auf eigene Faust oder mit Hilfe von Agenturen auf den Weg machen.
Die meisten Länder haben entweder keine Zulassungsbeschränkungen oder Verfahren, in denen der Bewerber vollständig beleuchtet wird und nicht auf seine Abiturnote reduziert wird.